Corona sorgt für eine gemischte Qualitätsbilanz
Einmal jährlich legt der Nahverkehr Rheinland (NVR) Berichte zur Qualität des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) und der Stationen in seinem Gebiet vor. Das Fazit für das Jahr 2020 fällt durchwachsen aus. Die Corona-Pandemie hatte massive Auswirkungen auf SPNV-Betrieb und Zustand der Stationen. Dabei fällt auf: Negative Entwicklungen können auch positive Folgen haben. Der Einbruch der Fahrgastzahlen führte zu Verbesserungen bei Pünktlichkeit und Fahrgastzufriedenheit. Aber Corona war nicht der einzige relevante Faktor.
„Es ist deutlich erkennbar, dass eine Erhöhung der Personalausstattung dringend erforderlich ist – vor allem bei Triebfahrzeugführer*innen und Werkstattpersonal der Eisenbahnverkehrsunternehmen.”
Mehr Pünktlichkeit durch weniger Fahrgäste
Die Pünktlichkeit der Züge hat sich im Vergleich zu den Vorjahren signifikant verbessert. Diese erfreuliche Entwicklung hatte allerdings einen hohen Preis. Sie ist vor allem auf den erstmalig nach Jahren aufgetretenen, massiven Rückgang der Fahrgastzahlen in 2020 zurückzuführen. So gab es bei der Zahl der täglichen Einsteiger an Wochentagen im Jahresmittel einen Einbruch von 442.000 Fahrgästen in 2019 auf 268.000 in 2020. Ebenso trugen Zugausfälle und weniger Trassenkonflikte zu einer besseren Pünktlichkeit der Züge bei.
Deutlich mehr Zugausfälle – auch ohne Corona-Faktor
Die Zahl der Zugausfälle ist 2020 stark angestiegen und lag insgesamt bei etwa elf Prozent. Davon ging ein Drittel der Ausfälle auf den Corona-Sonderfahrplan im ersten Lockdown zurück. Doch selbst ohne diesen „Corona-Faktor“ gab es eine Verschlechterung, die sich auf die ausgeprägten Baugeschehen in unserer Region zurückführen lässt – sowie auf den Personalmangel im SPNV.
Kapazitätsausfälle mit neuen und mit altbekannten Ursachen
Auch bei den Ausfällen von Loks und Waggons kam es zu einem leichten Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, wenn auch nicht coronabedingt. Zwar wurden die Komponenten wie Türen und WC nicht so stark beansprucht wie in den Vorjahren. Es gab jedoch eine geringere Personalverfügbarkeit in Betrieb und Werkstatt der Eisenbahnverkehrsunternehmen und einen daraus resultierenden Wartungsstau.
Zahl der Fahrgastbeschwerden geht zurück
Bei den Fahrgastbeschwerden ist ein Rückgang zu beobachten, der wie die Verbesserung der Pünktlichkeit unmittelbar mit dem coronabedingten Fahrgastrückgang verbunden ist. Auch inhaltlich änderten sich die Beschwerden durch die Pandemie – statt Verspätungen, überfüllten Zügen und Fahrtausfällen wurde der Zustand der Haltestellen mit 20,08 Prozent Anteil zum wichtigsten Thema für Beschwerden.
Sinkende Qualität der Bahnhöfe und Haltepunkte
Die Auswirkungen der Pandemie machten und machen sich insbesondere an den Stationen bemerkbar. So hat es z. B. einen Anstieg bei den Vandalismus- und Graffitifällen gegeben, was zu deutlichen Verschiebungen bei der jährlichen Kontrolle durch den NVR geführt hat. 2020 wurden 200 von 201 Stationen geprüft. In der besten Kategorie „akzeptabel“ landeten nur noch 126 Stationen, dies entspricht einem Anteil von 63 Prozent. 2019 erreichten noch 153 Stationen (80 Prozent) diese Bewertung.
Graffitis sind das Hauptärgernis
Insbesondere die mangelnde Sauberkeit durch Graffiti-Vandalismus in Gängen, Aufgängen, Aufzügen und an Fassaden hat zu negativen Bewertungen geführt. Die Beseitigung der vielen großflächigen Graffiti ist sehr teuer und aufwändig.
Die häufigsten Mängel 2020
- Sauberkeit der Wände (Graffiti)
- Sauberkeit der Grünanlagen und Bahnsteige
- Zustand der Fahrtreppen und Fahrstühle
- Zustand von Sitzgelegenheiten, Abfallbehältern und Vitrinen
- Verfügbarkeit/Erscheinungsbild eines Wetterschutzes
- Mangelhafte Beschilderung / Ausfall Zuganzeige
Weiterführende Informationen zum Qualitätsbericht des Jahres 2020 finden Sie hier.
Sofortige Beseitigung sicherheitsrelevanter Mängel
Trotz aller Probleme zeigte sich 2020, dass die Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten grundsätzlich sehr hoch ist. So konnte im Dialog mit den Stationsbetreibern eine Vielzahl von Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität umgesetzt werden. Besonders wichtig: Sicherheitsgefährdende Mängel wurden sofort gemeldet und unmittelbar beseitigt. An vielen Stationen sind zudem größere Umbaumaßnahmen geplant, sodass hier von einer deutlichen Verbesserung des Gesamterscheinungsbildes ausgegangen werden kann.
„Durch die starke Abnahme an Fahrgästen war auch die soziale Kontrolle an den Stationen nicht mehr gegeben. Aus diesem Grund hat der NVR seine finanzielle Unterstützung für den Kampf der Stationsbetreiber gegen Verwüstung und Verschmutzung in diesem Jahr bereits erhöht.”